Jüdisches Museum München
22. November 2022 bis 21. Mai 2023
„Man fragt sich, ob die Geschichte nicht im Begriff ist, eine geistreiche Synthese von zwei nietzscheanischen Begriffen zu schmieden, nämlich die des guten Europäers und die des letzten Menschen. Das könnte den letzten Europäer ergeben. Wir alle kämpfen darum, nicht zu einem solchen zu werden.“
Walter Benjamin an Stephan Lackner, Paris, 5. Mai 1940
75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist Europa von einem Rückfall in nationalistische und menschenfeindliche Ideologien bedroht.
Der europäische Imperativ „Nie wieder!“ wird von Vielen in Frage gestellt. Zugleich entdecken Europas Nationalisten ihre eigene Fantasie vom „christlich-jüdischen Abendland“ – als Kampfbegriff gegen Zuwanderung und Integration. Die vorgeblich universellen Werte der Aufklärung, die zu den Grundlagen europäischer Verständigung nach den Katastrophen des 20. Jahrhunderts zählten, zeigen ihr anderes Gesicht und verkommen so zu Argumenten für Abschottung und Ausgrenzung.
Aus diesem Anlass hat sich das Jüdische Museum München nach dem Jüdischen Museum Hohenems und dem Volkskundemuseum in Wien zu einem Ort der Debatte über die Zukunft Europas geöffnet, über die reale und die ideelle Substanz der Europäischen Union, über Gefährdungen und Chancen, über zukunftsweisende und überkommene Konzepte. Über die europäische Aufklärung wird hier ebenso zu streiten sein wie über ihre Kinder: Säkularisierung und Moderne, Emanzipation und Partizipation, Nationalismus und Chauvinismus, Kolonialismus und Kapitalismus.
Mit einer Kunstinstallation von Arnold Dreyblatt, bestehend aus drei Lentikulardrucken, die er als interaktives Darstellungsmittel gewählt hat. Jedes Werk enthält bis zu sechs Textebenen, die als Textfragmente von verschiedenen Betrachtungspositionen aus zu sehen sind und die sich wie in einem dekonstruierten „Palimpsest“ gegenseitig zu „überschreiben“ scheinen.
Eine Ausstellung des Jüdischen Museums Hohenems in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum München.
Kuratorinnen: Felicitas Heimann-Jelinek, Michaela Feurstein-Prasser
Projektkoordination: Lilian Harlander in Zusammenarbeit mit Sarah Steinborn
Ausstellungsarchitektur: Martin Kohlbauer
www.lasteuropeans.eu bietet nicht nur einen Rundgang durch die Ausstellung, sondern auch Interviews zur Entwicklung Europas, Aufzeichnungen der Veranstaltungen und ein kritisches europäisches Tagebuch.