Online-Vortrag und Gespräch mit Dr. René Moehrle (Trier)
Hier der link zur Aufzeichnung der Veranstaltung:
Das Triester Judentum war seit dem 13. Jahrhundert fester Bestandteil der nordadriatischen Hafenstadt. Doch Judenfeindschaft gehörte in den über 500 Jahren Habsburgerherrschaft immer wieder zum Alltag.
In Italien, dem Triest nach dem Ersten Weltkrieg zufiel, waren Juden emanzipiert. In Triest hatten sie, wie das Beispiel der Familie Brunner zeigt, auch im Faschismus hohe wirtschaftliche Positionen inne, machten aber auch als Funktionäre faschistischer Organisationen politische Karriere. Dennoch avancierte die Stadt mit der drittgrößten jüdischen Gemeinde Italiens zum Versuchslabor eines staatlichen Antisemitismus, den Mussolini 1938 offiziell von Triest aus ankündigte. Damit begann auch in Italien die Verdrängung von Juden aus Politik und Wirtschaft. Mit der deutschen Besetzung Italiens verschärfte sich die Situation auch der italienischen Juden dramatisch. Friedrich Rainer regierte von 1943 bis Kriegsende als Oberster Kommissar die „Operationszone Adriatisches Küstenland“, deren Hauptstadt Triest war. Hier errichtete Odilo Globocnik in einer ehemaligen Reismühle das Konzentrationslager Risiera di San Sabba, das einzige KZ der südlichen Hemisphäre, das mit einem Krematorium betrieben wurde, um überwiegend ermordete Partisanen und Geiseln aber auch Juden und Regimegegner zu beseitigen.
René Moehrle ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Trier, wo er an seiner Habilitation zu deutschen Journalisten arbeitet, die im Nationalsozialismus eine erste Karriere erlebten und nach 1945 Führungsrollen in den westdeutschen Leitmedien Süddeutsche Zeitung, Zeit, Spiegel, Welt, Stern und FAZ besetzten. Von 2016-2017 war er mit diesem Thema Fellow an der Martin Buber Society der Hebrew University in Jerusalem. Seine Dissertation erschien unter dem Titel Judenverfolgung in Triest während Faschismus und Nationalsozialismus 1922-1945 (2014).