Rückblick, 16.5.2020: In Italien droht die Ernte zu verfaulen. Im Zeichen von Corona merkt man plötzlich, dass die „illegalen“ schwarzen Migranten in Wirklichkeit das Land ernähren. Ca. 670.000 Einwanderer ohne gültige Papiere leben schätzungsweise in Italien. Von etwa 200.000 Ausländern, die in der Altenpflege, oder als Kinder- und Dienstmädchen in privaten Haushalten arbeiten, sind 70% nicht legal beschäftigt. Neben hunderttausenden von Saisonarbeitern, die aus Nordafrika oder Rumänien eingeflogen werden, arbeiten auch mindestens 130.000 „Unsichtbare“ in der Landwirtschaft. Migranten, die ohne jeden Status untergetaucht sind und in rechtswidrigen und menschenverachtenden Lebens- und Beschäftigungsverhältnissen vegetieren. Die Bauern sparen sich die Versicherung und zahlen 20 bis maximal 30 € Lohn – am Tag. Mafiose Vermittler kassieren für den Transport zur Arbeit und für unwürdige Massenquartiere. Wer dort an Corona bekommt hat Pech gehabt. Die Landwirtschaftsministerin Teresa Bellanova weiß, wovon die Rede ist. Sie war selbst einmal Landarbeiterin. „Ich habe auf den Feldern viele Freundinnen verloren, die auf dem Arbeitsweg oder an Überarbeitung gestorben sind. Sie hatten nicht so viel Glück wie ich“, sagte Bellanova bei ihrer Vereidigung zur Landwirtschaftsministerin im vergangenen September. Nun will sie gegen die Sklavenarbeit auf den Feldern und in den Ställen vorgehen.
Doch dazu muss den „Illegalen“ zunächst ein legaler Weg aus der Unsichtbarkeit ermöglicht werden. Dagegen laufen die Populisten natürlich Sturm. Aber jetzt hat Bellanova – im Zeichen von Corona – neue Argumente. Kann sich das Land in Zeiten der Pandemie tatsächlich leisten, hunderttausende von Menschen in „systemrelevanten“ Bereichen illegal zu beschäftigen, ohne dass diese Menschen eine Chance auf ärztliche Behandlung haben? Ob das gegen die Blockade von rechts helfen wird ist freilich nicht ausgemacht.
Rückblick 15.5.2020: Der ORF berichtet über die Bedrohung der Demokratie in Ungarn. Dort werden die ersten Menschen verhaftet, weil sie sich im Internet kritisch über Orban und seine Regierung äußern. Das Ermächtigungsgesetz im Zeichen von Corona zeigt Wirkung. Das Parlament ist auf unbegrenzte Zeit in Ferien. Und das, was Orban als „Fake News“ definiert hat, also Kritik an seiner Person, kann mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden. Das trifft in Orbans „illiberaler Demokratie“ jetzt vor allem einzelne Menschen, denn die Medien sind in Ungarn ohnehin fast vollständig unter seiner Kontrolle. Eine Verordnung der Regierung hat schon vor einiger Zeit festgelegt, dass Medien bei bestimmten Themen vorher bei der Regierung nachfragen müssen, ob eine Berichterstattung darüber erlaubt ist…
Der ORF aber spielt Rätselraten und liest im Kaffeesatz. Tarek Leitner fragt: „Warum tut Orban das bloß?“ Es gäbe tatsächlich Leute, die glauben würden, Orban wolle eine Diktatur errichten. Kann das sein? Ernst Gelegs in Budapest wird um seine Einschätzung gebeten. Auch er sinniert, als würde er schon um seine Akkreditierung fürchten, und in seinem Vorzimmer säße die Geheimpolizei. Immerhin würde ja die Staatsanwaltschaft gar keine Anklage gegen die gerade Verhafteten erheben. Warum also macht Orban das dann bloß? Könnte es wirklich sein, dass er mit seinen Maßnahmen einfach die Leute einschüchtern wolle? Wann wird er den Ausnahmezustand wohl wieder aufheben? Praktisch gelte der ja unbegrenzt. Aber vielleicht, so Gelegs, ja frühestens Ende Juni. Ja Ende Juni, so versucht es Ernst Gelegs es mit paradoxer Pädagogik, würde Urban das wohl tun. Denn schließlich wolle Orban ja seine Kritiker Lügen strafen. Wenn er sie nicht einfach irgendwann alle verhaften lässt, wenn noch welche übrig bleiben. Und der ORF sich weiter fragen, was Orban denn damit dann bloß meinen könnte.